Der Bahnhof

Der Bahnhof in Stockstadt am Rhein

1869 wurde die Strecke der Hessischen Ludwigsbahn von Darmstadt über Goddelau bis Rosengarten (gegenüber Worms) eröffnet, die lediglich eine Länge von 25,4 km hatte. Sollten die Züge am Rande einer Ortschaft halten, war eine finanzielle Beteiligung der Gemeinde notwendig. In Erwartung eines wirtschaftlichen Aufschwungs zahlte Stockstadt hierfür 12.000 Gulden. Etliche Tagelöhner fanden beim Bahnbau Arbeit und die Landwirte profitierten vom Transport des Erdreichs. Der Personen- und Güterverkehr wirkte sich positiv auf den örtlichen Arbeitsmarkt aus.
Beim Stockstädter Bahnhof handelt es sich um einen traufenständigen Typenbau von 1898/99 mit L-förmigem Grundriss. Er besteht aus 2 Geschossen mit ornamentalem Ziermauerwerk an Fenstern und Türen. Die Backsteinbauweise steht in besonderem Bezug zur Altrheingemeinde, befanden sich hier um die Wende des 19. zum 20. Jahrhunderts doch zahlreiche Ziegeleien und Backsteinbrennereien.
Ein Alleinstellungsmerkmal der Bahnstation ist die Unterführung zwischen den Bahnsteigen, die sie bereits unmittelbar nach dem Bau des Empfangsgebäudes erhielt. Grund hierfür dürfte der damalige Besitzer des Hofgutes Guntershausen auf dem Kühkopf gewesen sein. Der Wormser Lederindustrielle und Reichstagsabgeordnete Freiherr von Heyl zu Herrnsheim setzte sich speziell für den Bahnbau im Großherzogtum Hessen ein. Ein repräsentatives Gebäude mit Unterführung lag wohl in seinem Interesse, da er in der Zeit vor dem I. Weltkrieg regelmäßig Mitglieder des Hochadels zur Jagd auf die Rheininsel einlud.
Seinen wohl größten Tag hatte der kleine Bahnhof am 3.11.1903, als Punkt 17:30 Uhr Zar Nikolaus II. von Russland nebst Gefolge hier einen „Extrazug“ bestieg, der ihn nach einem Jagdausflug zum Kühkopf in die Residenzstadt Darmstadt brachte. Der Zar reiste in Begleitung seines Schwagers Großherzog Ernst Ludwig von Hessen sowie Prinz Heinrich von Preußen. Angereist waren die Herrschaften allerdings damals schon mit dem Automobil.
Das Bahnhofsgebäude befindet sich derzeit in Privatbesitz und ist leider in keinem ansprechenden Zustand.