Die Waldmühle liegt an der Modau, die bei Neunkirchen im Odenwald entspringt. Sie quert auf einer Strecke von 44 km Odenwald und Ried um bei Stockstadt in den Altrhein zu münden. In ihrem Mittellauf, dem Mühltal, trieb ihr Wasser ehemals 31 Mühlen an. Hier am Unterlauf des Baches gab es noch 4 Mühlen, die auf verschiedenen Gemeindegebieten lagen. Sie heißen Bruchmühle, Hahnlachmühle, Waldmühle und Schlossmühle. In der landwirtschaftlich geprägten, fruchtbaren Region waren kurze Wege zur Mühle von großer Bedeutung, dies erklärt die hohe Zahl der Mühlen.
Die größte und älteste Mühle war die südöstlich von Stockstadt gelegene Waldmühle, die einst zu dem im Jahr 1535 durch den Hessischen Landgrafen Philipp den Großmütigen gegründeten Landeshospital Hofheim – dem heutigen Philippshospital – gehörte. Im mittelalterlichen Mühlenbetrieb gab es einen „Bannmühlenzwang“. Bauern und Korn waren einem Müller zugeteilt, bei dem gemahlen werden musste. Ein Müller musste sich also nicht um seine Kundschaft mühen, da sie ihm sicher war. Nachdem aber Hessen im Jahr 1806 Großherzogtum wurde, entfiel der Mühlenzwang. Die Mühlenbetreiber waren daher im Nebenberuf in der Regel auch als Landwirte tätig, so auch die Müller der Waldmühle. Der Betrieb der Mühlen an der unteren Modau wurde im 20. Jahrhundert eingestellt, der Mühlenbetrieb in der Waldmühle um 1937. Die letzte Müllerfamilie war die Familie Heppenheimer, daher nannte man die Mühle im Volksmund auch „Heppenheimer – Mühle“.
Die vierseitige Hofanlage besteht aus Wohn- und Wirtschaftsgebäuden. Die Hofeinfahrt bildet ein mächtiges hölzernes Tor, in dessen Schlussstein sich die Initialen PHH EMHHR mit der Jahreszahl 1801 und PH 1718 befinden. Das zweigeschossige Fachwerkwohnhaus mit Halbwalmdach steht traufständig zur Hoffläche. Im Sturz des hölzernen Türgewändes befinden sich die Initialen PHH, die Jahreszahl 1720 sowie ein eingeschnitztes halbes Mühlrad. Es handelt sich bei diesem Gebäude um das Wohnhaus der früheren Müllerfamilie. Links davon befindet sich das neue – 1949 erbaute – Wohnhaus, dessen Vorgängerbau im zweiten Weltkrieg beschädigt wurde. Abermals links davon schließen sich Fachwerkwirtschaftsgebäude unterschiedlicher Zeitstellungen an. Eindrucksvoll ist der nördliche und östliche Flügel, beide sind eingeschossig, teilweise massiv – teilweise mit Fachwerkeinbauten. Die Gebäude haben ein biberschwanzgedecktes Mansardendach, an der nordöstlichsten Ecke befindet sich ein nach außen vorgebauter Transformatorenturm mit Zeltdach und Windfahne. Heute werden die historischen Mühlengebäude als Wohnhäuser, Scheunen oder zur Pferdehaltung genutzt, befinden sich in Privatbesitz und sind leider nicht zu besichtigen.
Die beiden 100 Jahre alten Eiben an der Waldmühle sind als Naturdenkmal eingestuft. Es handelt sich hierbei um die Taxus-Urform, also keine Garten-Zierart, die als Wildform in freier Landschaft wegen ihrer Giftigkeit nahezu ausgerottet wurde. 1983 hat man aus diesem Grund in Nordrheinwestfalen sogar ein Artenhilfsprogramm für „Taxus baccata“ aufgelegt.
Die Waldmühle liegt an der Südroute der Geopark-Radrouten des Kreises Groß-Gerau, dort befindet sich auch der Geopunkt (Infotafel) „Mühlen an der Modau“, der Informationen zur Landschafts- und Kulturgeschichte gibt.